Trigon Raphaeli

Dienstag, 18. Oktober 2011

Sonnengesang (R. Steiner)



Sonnengesang





Der Gral ist es, der sich uns im Sonnenlicht offenbart.
Sein Lebensodem ist es, der in der Luft die Erde umspült
und der mit jedem Atemzug in uns eindringt.
Sein Leib ist die Erde, auf der wir wohnen.

Tatsächlich nährt Er uns mit Seinem Fleisch und Blut,
denn was wir auch aufnehmen an Speise,
es ist von der Erde, aus Seinem Leibe genommen.

Wir atmen Seinen Lebenshauch,
den Er uns durch die Pflanzendecke der Erde zuströmt.

Wir schauen in Seinem Lichte,
denn das Licht der Sonne ist Sein Geistes-Strahlen.

Wir leben in Seiner Liebe, auch physisch; denn was wir an Wärme von der Sonne
empfangen, ist Seine geistige Liebeskraft, die wir als Wärme empfinden.

Und unser Geist wird von Seinem Geiste angezogen,
wie unser Leib gefesselt ist
an Seinen Leib.

Darum muss unser Leib geheiligt werden,
weil wir auf Seinem Leibe wandeln. Die Erde ist Sein heiliger Leib,
den wir mit den unseren Füßen berühren.

Und die Sonne ist die Kundgebung Seines heiligen Geistes,
zu der wir aufschauen dürfen.
Und die Luft ist die Kundgebung Seines heiligen Lebens,
das wir in uns aufnehmen dürfen.

Damit wir uns unseres Selbst, unseres Geistes bewusst würden, damit wir selbst
Geistwesen würden, opferte sich dieser hohe Sonnengeist, verließ Seine königliche
Wohnung, stieg herab aus der Sonne und nahm physische Gewandung an in der
Erde. So ist Er physisch in der Erde gekreuzigt.

Er aber umspannt geistig die Erde mit Seinem Licht und Seiner Liebeskraft, und
alles, was darauf lebt, ist Sein Eigentum. Er wartet nur darauf, daß wir Sein Eigen
sein wollen. Geben wir uns Ihm ganz zu eigen, so gibt Er uns nicht nur Sein
physisches Leben, nein, auch Sein höheres, geistiges Sonnenleben. Dann
durchströmt Er uns mit Seinem göttlichen Lichtgeist, mit Seinen wärmenden
Liebesstrahlen und mit Seinem schöpferischen Gotteswillen.

Wir können nur sein, was Er uns gibt, wozu Er uns macht. Alles, was an uns dem
göttlichen Plan entspricht, ist Sein Werk. Was können wir dazu tun? Nichts, als
Ihn in uns wirken lassen. Nur, wenn wir Seiner Liebe widerstreben, kann Er nicht
in uns wirken.

Wie könnten wir aber dieser Liebe widerstreben? Dem, der da spricht: «Ich habe
Dich je und je geliebt und habe Dich zu mir gezogen aus lauter Güte.»

Er hat uns geliebt von der Erde Urbeginn an. Wir müssen Seine Liebe in uns zum
Wesen werden lassen. Nur das bedeutet wirkliches Leben; nur da ist wahrer
Geist, wahre Seligkeit möglich, wo uns dies Leben ein wesentliches Leben wird,
das Christus-Leben in uns.

Nicht von uns aus können wir selbst rein und heilig werden, sondern nur von
diesem Christus-Leben aus. All unser Streben und Ringen ist vergebens, solange
uns nicht dies höhere Leben erfüllt. Das allein kann wie ein lauterer, reiner Strom
alles hinwegspülen aus unserem Wesen, was noch ungeläutert ist.

Es ist der Seelengrund,
aus dem dies reinigende Lichtleben aufsteigen kann.

Dort müssen wir unsere Wohnung suchen,
zu Seinen Füßen und der Hingabe an
Ihn.

Dann wird Er uns selbst umwandeln und uns selbst mit Seinem göttlichen
Liebesleben durchströmen, bis wir licht und rein werden wie Er; Ihm ähnlich. Bis
Er sein göttliches Bewusstsein mit uns teilen kann.

Durch Sein Licht muss die Seele rein, d. h. weise werden; so kann sie mit Seinem
Leben sich vereinigen. Dann ist das die Vereinigung von Christus und Sophia, die
Vereinigung des Christus-Lebens mit der durch Sein Licht geläuterten
Menschenseele.

(Quelle: Sonnengesang von Steiner)

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