Trigon Raphaeli

Donnerstag, 13. Oktober 2011

Freundschaft und Liebe (Rumi)




Freundschaft und Liebe

Solange dieser Himmel noch
die alte Spiegelwirkung tut,
Ist in der Liebe Ozean
gemischt und dort am Werk das Blut.
Bald tritt als Röte es zutag,
bald belibt es unsichtbar.
Im Innern aber Nacht und Tag
sein Tosen niemals ruht.


Die Liebe schenkt den Teil erst
und dann das ganze All.
Die Traube ist erst sauer
und dann ein süßer Ball.
Und so ist auch die Regel,
Herz, wenn der lenz sich naht:
Erst meldet sich die Katze,
Dann singst die Nachtigall.


Morgens ging ich in den Garten,
eine Rose mir zu pflücken,
Heimlich und in Furcht, der Gärtner
könnte mich dabei erblicken,
Dock es waren seine Worte
köstlich über mein Erwarten:
"Nicht die Rose nur allein, ich
Schenke dir den ganzen Garten!"


Der ist kein Liebender, der nicht
Bewegt ist wie der Geist,
Der nicht bei Nacht wie en Gestirn
den schönen Mond umkreist.
Beherzige von mir dies Wort,
das keine Torheit ist:
Die Fahne kann nicht tanzen, wenn
an ihr kein Sturmwind reißt.


Dein Auge hält alle mit göttlichem Zauber gefangen,
In jedem Winken Verliebte, die hangen und bangen.
Dein Haar ist wie Heiden so schwarz, doch die
mondhellen Wangen
sind fromm; so kann Licht erst bei Nacht seine
Leuchtkraft erlangen.


Ich lausche im Winde der Kunde,
die er von Ihm mir bringt.
Der trunkenen Nachtigall lausch ich,
die Seinen Namen singt.
Von dem an der Pforte des Herzens
das Bildnis ich gewahrt,
des Freundes Stimme lausch ich,
die auf dem Dach erklingt.


Bin ich bei Dir, wach ich vor Lust und Lachen.
bin ich Dir fern, mich Aualen schlaflos machen.
In solchen Nächten, beiden, preis ich Gott.
Du aber unterscheide doch dies Wachen!


Wenn ich um Deinetwillen sterbe,
geb ich mein Leben freudig hin,
Da ich als Dein geringster Sklave
noch mächtig wie ein Ketten deiner Locken mich,
Betört bin ich von diesen Augen
aus Kaschmir voller Zaubersinn.


Ich bin der Staub, Du die Sonne,
die mir das Licht zuteilt.
Ich bin vor Kummer krank, Du
das Mittel, das mich heilt.
Ich fliege ohne Flügel
und Federn zu Dir hin,
Der Bernstein Du, ich ein Stroh nur,
von deinem Sog ereilt.

RUMI
*

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